Bienvenidos en Colombia

24.1.

Das Hotel war gut, allerdings gab es einen kleinen Haken: No Desayuno – kein Frühstück. Es war dann gar nicht so einfach, einen Schnellimbiss zu finden, der um 8 Uhr schon auf hatte. So gestaltete sich der Start heute sehr zäh. Immer noch Husten bei Herbert und mir, dazu kamen Magenprobleme bei Michael. Aber wir hatten ja eine relative Kurzetappe mit wenigen Anstiegen vor uns. Nach den üblichen Problemen beim Herausfahren aus der großen Stadt – ein langer Anstieg inmitten von qualmenden Trucks und Bussen verbesserte unsere Laune nicht – ging es dann hinunter in einen beeindruckenden Canyon. Schnell waren wir über 1000 m tiefer, die Landschaft wurde grüner und die Temperatur stieg immer mehr an. Es ist unglaublich, was hier 1000 Höhenmeter ausmachen. Auf 2700 m bist du immer leicht am Frieren, auf 1700 m kannst Du alles ausziehen und kommst sofort ins Schwitzen.

Zusätzlich ins Schwitzen brachten uns die kolumbianischen Truck- und Busfahrer. Waren wir von Ecuador her eine eher defensive Fahrweise gewohnt, änderte sich das jetzt schlagartig. Diese Fahrer haben schon eine gewisse masochistische Fahrweise – wegen einem Radfahrer bremsen die nicht oder brechen ihren Überholvorgang ab. Da müssen wir uns wohl schnell darauf einstellen.

Schon um kurz nach 13 Uhr waren wir am Etappenziel in Pedregal. Ein Hotel war schnell gefunden. Die zwei am Ort hatten beide den gleichen miesen Standard. Egal, morgen sind wir wieder weg.

25.1.2018

Aber so einfach war es gar nicht, das Wegkommen. Trotz der eigentlich traumhaften Fahrt durch den Canyon resignierten wir wegen der langen Auffahrt in dichtem Truck- und Busverkehr. Da diese Straße eine Hauptverbindung von Ecuador nach Kolumbien darstellt und es keine Ausweichmöglichkeit gibt, sahen wir nur einen Ausweg: In einen Pickup oder Bus die letzten 24 km bis Pasto einzusteigen. Wieder spürten wir die Gastfreundschaft der Kolumbianer: Die Companeros des Ortes kümmerten sich intensiv um eine Mitfahrgelegenheit. Letztendlich klappte es doch mit einem Bus. Kaum zu glauben, aber wir brachten die Räder alle im Stauraum unter, ohne viel zerlegen zu müssen.  So konnten wir uns für umgerechnet 10€ (alle zusammen) den Aufstieg in dichten Abgaswolken sparen. Nach eineinhalb Stunden Fahrt waren wir in Pasto. Nach mehreren Anläufen fanden wir ein passendes Hotel – billig, aber guter Standard. Wir werden erstmals zwei Nächte dort bleiben, weil für morgen ein Ruhetag eingeplant ist zum Besuch des Missionsprojekts meiner ehemaligen Schule St. Konrad in Ravensburg.

 

26.1. 2018

Nach einem kurzen Frühstück gleich um die Ecke des Hotels fuhren wir mit dem Taxi in den Ortsteil La Rosa. Schon auf der Hinfahrt mit dem Taxi ahnten wir, dass dieser Teil Pastos wohl nicht zu den wohlhabenderen gehört. Schon um 9.30 Uhr hatten wir per Mail einen Termin bei der Leitern Luz Nelly Rengifo bekommen.

Wie alle anderen Schulen ist auch diese mehrfach mit Zaun und Pforte gesichert. Bald sickerte wohl durch den Zaun und die verschiedenen Gebäude, dass der angekündigte Besuch vor der Pforte stand. So wurden wir direkt zur Leiterin Luz Nelly geführt, die uns zusammen mit einer weiteren Repräsentantin und Otto, einem 84jährigen Deutschen, herzlich empfing. Da weder unser Spanisch noch die Englischkenntnisse von Frau Nelly für eine gute Kommunikation ausgereicht hätten, waren wir froh, dass Otto als Dolmetscher zur Verfügung. Normalerweise arbeitet er täglich noch in einer Autoreparaturwerkstatt. Hat er mal bei Deutz in Köln gelernt. Jetzt ist er seit 40 Jahren in Pasto.

Nach einer kurzen Führung durch die Administration plauderte man bei einem Cafesito über die Lage in Kolumbien und speziell über Probleme  in dieser Region. Obwohl sich die Lage in den letzten 3-5 Jahren wesentlich verbessert hat, sind die Probleme mit Drogen, Gewalt und Kriminalität noch lange nicht behoben.

Es folgten mehrere Besuche in den Kleinkindergruppen. Es war rührend. Sehr diszipliniert wurde gespielt. Aber nach einem Buenos Dias von mir stürmten sie auf mich los und ich musste gleich 5-6 Kinder gleichzeitig umarmen. War das so mit den Kindern abgesprochen oder war es eine spontane Reaktion? Jedenfalls waren wir überwältigt, von den Kindern so empfangen zu werden.

Der nächste Besuch galt der „Casa de Joven“, wo Jugendliche eine handwerkliche Ausbildung erfahren können. Die Leiterin, eine Nonne,  führte uns durch die verschiedenen Werkstätten. Da der Betrieb erst zum 1.Februar wieder startet, waren leider keine Jugendlichen da. Wir konnten dafür aber einige ihrer Werke bestaunen.

Zum Abschluss konnten wir noch erleben, wie ca. 100 Kinder im Speisesaal sehr diszipliniert ihr Essen zu sich nahmen. Auch wir wurden noch zu einem Mittagessen eingeladen.

Danach verabschiedeten wir uns, dankten wir die freundliche Aufnahme und bescheinigten dem gesamten Team eine sehr gute,  erzieherisch wertvolle Arbeit, teilweise im Ehrenamt zum Wohle dieser Kinder. Sister Luz Nelly war während ihrer aktiven Zeit Ministerialbeamtin und macht ihre Arbeit als „Jubiladora“ ehrenamtlich. Und das ist kein Nebenjob bei ca. 700 Schülern und Jugendlichen. Solche Menschen sind die wahren Helden.

Tief beeindruckt fuhren wir nach über 4 Stunden in diesem Centro Comunitario – wie sie es auch ähnlich in anderen Städten und Regionen Südamerikas gibt – zurück ins Hotel. Jetzt hatte LAS MESAS ein Gesicht für mich.  Ich bin froh, hier Station gemacht zu haben.

 

 

27.1.2018

 

Ziemlich problemlos kamen wir dieses Mal aus der 300 000 Einwohner-Stadt. Die ersten knapp 16 km ging es bergauf. Plötzlich kam uns ein kolumbianischer MTB-Fahrer entgegen. Er wollte uns warnen, da ein 1 km weiter vorne eine kleine Ortschaft kam, wo es scheinbar schon Überfälle gegeben hatte. Er meinte, wir sollten zügig durchfahren und uns nicht ansprechen lassen. Es funktionierte. Er fuhr voraus, wir dicht hinterher. Dass es wirklich ernst war, sahen wir an den Gestalten, links und rechts an der Straße. Danach verabschiedete er sich wieder von uns.

Das Wetter konnte sich wieder einmal nicht entscheiden. Nachdem zwar immer wieder die Sonne hervorkam, machte es dann weiter oben ganz zu und begann zu nieseln. Dazu kam auch noch böiger Wind von vorne. Wir genossen am höchsten Punkt nur kurz die Aussicht auf die Lagune Cocha und das Tal, dann gings in zügig runter nach El Encano, das am Rand der Lagune liegt. Nach kurzem Suchen fanden wir eine schöne, rustikale Unterkunft. Nach dem Einquartieren rollten wir  mit dem Rad noch kurz zum See. Links und rechts der Straße gab es viele  Restaurants, alle wegen dem sumpfigen Gebiet auf Stelzen stehend. Überall wurde die gleiche Hauptspeise angeboten: Truchas – gegrillte Forellen aus der Lagune. Die ließen wir uns dann auch in unserem Hotel mit angeschlossenem Restaurant schmecken.

 

28.1.2018

Nach einem leicht verspäteten Frühstück und dem „Wasserfassen“ ging es gleich voll in die Pedale. Auf den ersten 10 km standen gleich 500 hm mit einigen über 10%igen Rampen an. Ein letztes Mal auf unserer gesamten Tour sollte es über 3000 m gehen. Nach etwa 1,5 Stunden oben das übliche Bild: Kalt, regnerisch, Nebel. Eine Gruppe junger Kolumbianer ist mit mir oben. Ein kurzes „mucho frio“ wird ausgetauscht. Dann wollen alle mit mir aufs Foto.  Danach geht’s 1200 hm, teils steil und sehr kurvig, bergab. Zwischendurch ist die Straße ungeteert und mit Schlaglöchern übersät. Die 4 kolumbianischen Jungs und 1 Mädchen tun mir leid. Mit ihren dünnen Rennradreifen und schlechten Felgenbremsen „eiern“ sie förmlich durch den Nebel. Hier macht sich zum ersten mal so richtig meine Rad Technik bemerkbar. Mein Velotraum hat weder ein Problem mit Schlaglöchern noch mit steilen, kurvigen Abfahrten. Selbst mit großem Gepäck lässt es sich leicht händeln und mit zwei Fingern bremsen.

Je tiefer wir kommen, desto mehr steigen die Temperaturen und die Natur wandelt sich.  Palmen und tropische Pflanzen  haben die Sträuche und Bäume verdrängt. Sehr bald können wir unsere warme Kleidung ausziehen – die Temperatur zeigt jetzt 28°. Es geht noch fast 15 km flach weiter bis zum Etappenziel in Sibundoy. Zum ersten Mal kommt bei uns richtig Urlaubsstimmung und Sonntagnachmittag-Radfahren auf. Tolle Straße, wenig Verkehr – keine nennenswerten Steigungen – so könnte es bis Bogota weitergehen…. Wird es aber leider nicht!

Sehr schnell finden wir das im Radführer empfohlene Hotel. Es entspricht voll unseren Erwartungen. Morgen steht dann die Hammeretappe und eines der Highlights der ganzen Tour an: Sibundoy – Mocoa 70 km, 1710 hm, offroad auf der Trampolina de la muerte.  Wir wollen schon um 7 Uhr starten.

 

 

 

 

15 Kommentare zu „Bienvenidos en Colombia

  1. Die Berichte sind ganz toll – und jetzt noch mit Bildern !!! Sagenhaft, dass wir an eurer Reise teilhaben dürfen! Danke!

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  2. Hallo Alfredo;
    schön Dich/Euch wieder in Südamerika zu wissen;
    gute Besserung deinem Husten; das ist natürlich mega lästig, zumal bei den schwankenden klimatischen Bedingungen und dem Feinstaub Bollwerk der LKW`s.
    Ein Ruhetag wirkt bekanntlich manchmal Wunder !!!
    Alles Gute Euch
    Grüße
    Hartmut

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    1. Danke, Hartmut für die aufmunternden Worte. Die nächsten zwei Tage soll es nochmals „zugig“ werden, danach sind wir nicht mehr so hoch und bei steigenden Temperaturen hoffen wir auch auf Besserung. Saludos Alfredo

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  3. Hola Alfredo und Mitradler,
    Ich wünsche Dir gute Besserung, Euch allen eine gute Fahrt, dass Ihr die Berge gut rauf und runter kommt 🚵‍♂️🚴‍♂️🚴‍♂️
    Schön dass Du uns an Deiner Tour teilhaben lässt.
    Liebe Grüße aus der Heimat. Irmgard

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  4. Lieber Alfred, es ist schön, auf diesem Weg dich und euch auf eurer Tour begleiten zu können. Prima, dass ihr bis jetzt alles so ziemlich schadlos überstanden habt. Auch der Husten wird wieder verschwinden. Passt auf euch und macht weiter so! Bei uns ist alles beim alten. lg Dein Bruder Ferdinand

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    1. Lieber Ferdi, danke für den Motivationsschub. Ja, mit dem Husten wird’s allmählich besser. Leider habe ich 5 kg Gepäck zu viel dabei. Mal sehen, wie ich das loswerde… VG Alfred

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  5. Lieber Alfred, jeden Morgen verfolgen wir nun wieder Deine
    spannenden Berichte! Die 28 Grad machen ja schon ein wenig
    neidisch! Weiterhin viel Freude Dir und Deinen „Mitradlern“
    und vor allem passt auf Euch auf!
    Liebe Grüße aus Schlier
    Roswitha und Martin

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    1. Hallo Roswitha und Mrtin. Erstmal vielen Dank für den Hänger voll Holz. Eine größere Freude hättet ihr Brigitte nicht machen können. Sind heute abend in Mocoa angekommen Liegt nur noch knapp auf 700 m. Es ist sogar so warm, dass Du nachts gar nicht mehr schlafen kannst (Über 30°)

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  6. Hallo Pedalfredos, gratuliere für die erfolgreiche Bezwingung eurer Königsetappe ! Ab jetzt kann es ja nur noch
    aufwärts, respektiv abwärts gehen.Alfred behalte dein Gepäck,sonst wirst du mir zu leicht!
    Noch weithin tolle Erlebnisse und bis bald !! Hermano

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  7. Hallo lieber Alfred und hallo lieber Herbert,
    herzlichen Glückwunsch zur Bewältigung dieser Mammutetappe. Wir halten euch die Daumen, dass euch das Reiseglück weiter hold ist.
    Liebe Grüße Lisa und HP

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  8. Hola Alfredo, bicicletista mas grande de Colombia. Estoy encantado de tus aventuras colombianas y te admiro por tu voluntad y optimismo sin limites. Wir haben in der heutigen Spanischstunde sehr an dich gedacht.
    Deinen weiteren Weg werde ich mit großem Interesse auf deiner website verfolgen.
    Te deseo mucha suerte y si es posible solo sorpresas agradables. Ich glaube aber, dass du sowieso mit allem fertig wirst.
    Abrazos fuertes de
    Herbert ( Mühlbachhaus)

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    1. Querido Herbert, Gracias por tu comentario en mi sitio web. Estoy muy feliz de saber usted. Colombia es genial. La gente es muy amigable y el paisaje es fenomenal. Ahora sera en unos dias de Mexico. Estoy deseando que llegue. Saludos a todos los estudiantes de idioma espanol. Hasta luego Alfredo

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  9. Buenos Dias Alfred, Herbert,
    freue mich wieder deine aktuellen Tagesberichte zu lesen 😉bin also aktiv dabei und verfolge deine
    Tour auf der Goggle-MAP😉wünsche deinem Team weiter tolle Ereignisse und bleibt alle gesund und
    fit🚲🚲🚲
    Viele Grüße aus Ravensburg
    Roland 🍷🍷😉😉😉

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