Im Land des Quetzals

6.3. 2018 Schon wieder eine Grenze
Wir glauben unseren Augen gestern Abend nicht zu trauen: Die beiden Kanadier sind wieder aufgetaucht. Sie sind im selben Hotel. Wir treffen Sarah und Darsi beim Abendessen. Sie sind mit dem Schiff von Corozal nach Belize gekommen und waren vor Belize City auf dem nach dem Great Barrier Riff in Australien weltweit zweitgrößten in der Karibik vor Belize. Jetzt sind sie von Belize City nach Belmopan gekommen und werden morgen auf dem Hemmingbird-Highway nach Dagringa radeln, bevor es mit dem Flieger wieder in die Heimat geht. Sie hatten keine Pannen mehr!
Wir erfahren, dass Darsis Vater Deutscher ist und Alfred Hermann heißt! Welch ein Zufall. Darsi ist Ingenieur im Eisenbahnbau, Sarah ist Amerikanerin und Architektin. Möglicherweise treffen wir uns mal in Deutschland. Sein Onkel wohnt in Augsburg.
Heute fahren wir wieder ohne Frühstück los – es gibt nirgendwo eines. Es ist angenehm kühl und etwas neblig. Die Morgensonne versucht den Nebel zu vertreiben, was ihr nicht ganz gelingt. Es ist eine ganz besondere Stimmung, wenn die Sonne immer wieder die Sicht auf dichten Urwald freigibt. Es wird hügeliger, ja links und rechts tauchen die Mayan Mountains auf. Es geht stetig rauf und runter, die Fahrbahn immer wird schlechter. Es ist gefährlich, unsere Augen sind links und rechts der Straße und schnell hast du eins der vielen Schlaglöcher übersehen. Aber alles geht gut, wir verpflegen uns in San Ignacio nochmals am Straßenrand mit Früchten, dann sind wir auch schon an der Grenze. Ein junger Rennradfahrer mit einem Cannondale-Bike zeigt uns den Weg. Ich komme während der Fahrt mit ihm ins Gespräch. Er fährt internationale Rennen und hatte als Jugendlicher eine deutsche Radtrainerin mit Namen Karin Seiler. Neidisch schaut er auf mein Garmin – er würde auch gerne einen haben.

Wir verlassen Belize – das Land wird mir in Erinnerung bleiben als das Land der Schrottautos, der Schmuddeligkeit, aber auch als das Land der relaxten und freundlichen Menschen, in dem jeder männliche Bewohner ein Vorbild zu haben scheint: Bob Marley. Alle sehen ihm irgendwie ähnlich.
Die Grenzabfertigung ist problemlos. In einer halben Stunde sind alle Formalitäten erledigt. Jetzt werden wir für mindestens 14 Tage im Landes des Quetzals sein, dieses prachtvollen Vogels, der auch das Bild auf den Geldscheinen prägt.

Bienvenidos en Guatemala!

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7.3. 2018  80 km durch den botanischen Garten

Heute morgen um 5 Uhr werden wir aus unserem nicht sehr tiefen Schlaf geholt. Zuerst laute Musik, danach ein Bodenfeuerwerk mit lautem Krach direkt vor dem Hotel. Es stellt sich heraus, dass der Nachbar Geburtstag hat. Feliz Cumpleanos! So sind wir wenigstens früh beim Frühstück, das es wieder einmal im Hotel gibt. Wir verabschieden uns herzlich von den beiden Mädchen, die uns so gut bedient hatten.

Auch heute kämpft die Sonne mit aller Macht gegen den Nebel. Es ist ein mystisches Bild, wie immer wieder die Sonne durch den Nebel bricht und die Natur freigibt. Inzwischen wird es kupiert und wir fahren überwiegend auf einer Geländeschulter, links und rechts tolle Ausblicke. Hermann bringt es auf den Punkt: Es ist Fahren wie im botanischen Garten. Und dieser ist 80 km lang. Auf den letzten 20 km dann auch immer wieder tolle Lagunen, die tiefblau in der Sonne leuchten. Eigentlich ist so eine Fahrt ja vergnügungssteuerpflichtig. Gottseidank gibt es die in Guatemala nicht. Die Straße ist super, der Verkehr tendiert gegen Null und die kleinen Steigungen nehmen wir mit dem Schwung aus der Abfahrt. Erst kurz vor unserem Ziel in Flores nimmt der Verkehr zu. Das Ende der Etappe dann wieder ein Highlight: Von Santa Elena geht es auf einem Damm über den Lago de Peten  Itza´ auf die Insel Flores.

Mit uns kommt ein Wohnmobil an. Die Beifahrerin steigt aus und fragt uns nach dem üblichen woher und wohin. Wir fragen sie dasselbe. Sie sind Spanier aus Sevilla und haben ihr Haus auf Mallorca verkauft, dafür ein Campmobil gekauft und insgesamt 3 Jahre auf Weltreise. Derzeit von Ushuaia/Patagonien nach Alaska. Sie haben 2 schulpflichtige Kinder dabei.

 

Hotels gibt es genügend in Flores, es ist ja der Ausgangspunkt unter anderem für die Besichtigung der Ruinen in Tikal. Beim ersten, mondänen Hotel wollen wir erst mal den Preis checken. Dieser ist für eine Nacht umgerechnet 90€/Person. Das ist natürlich nichts für unseren Geldbeutel. Wir finden dann ein ansprechendes Hotel eine Reihe hinter denen mit Meerblick für 11€ die Nacht.

Schon für morgen früh haben wir ein Collectivo gebucht zu den Ruinen von Tikal, die ungefähr 30 km von Flores entfernt sind. Um 4.30 Uhr geht es los, um die berühmten Pyramiden im Sonnenaufgang zu erleben.

Die Etappe: Melchor de Mencos – Flores, 96 km, 670 hm, 5:30 unterwegs, max. 36 °, Hotel Green World, Flores

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8.3.2018  Tikal

Mit Ruhetag hat es eigentlich nichts zu tun. Immerhin, wir sitzen heute nicht auf dem Fahrrad. Um 4.00 Uhr klingelt der Wecker, um 4.30 Uhr ist Abfahrt mit dem Sammeltaxi zu den berühmten Pyramiden von Tikal, ca. 60 km von Flores. Eigentlich wollten wir bei Sonnenaufgang dort sein. Aber bis alle Leute eingesammelt sind, dauert es dann zu lange. Trotzdem ist die Besichtigung mit teilweiser Besteigung der Pyramiden beeindruckend. Hier lebten bis ins 9. Jahrhundert nach Christus  über 120 000 Mayas. Von der ganzen ursprünglichen Anlage sind gerade mal 20% freigelegt. Die restlichen 80% schlummern nach wie vor unter dem zugewachsenen Urwald. Es würde Jahrzehnte dauern, alles frei zu legen und auch zu viel kosten.

Im Gegensatz zu Chichen Itza in Mexiko ist hier viel weniger, bzw. kein Kommerz zu spüren und alles freigelegte sieht sehr ursprünglich aus. Pyramiden, königliche Paläste, Tempel und ehemalige Ballspieltempel schaffen ein lebendiges Bild der Maya-Kultur.

Nach über 4 Stunden Besichtigung mit einem guten Führer und Vogelkundler geht es zurück nach Flores. Der Nachmittag gilt den Vorbereitungen für die nächsten Etappen. Auch bleibt Zeit, um Kleidung zu waschen und die Räder zu warten.

Die nächsten Tage wird es ins guatemaltekische Hochland gehen. Möglicherweise besteht dort nicht die Möglichkeit, Tagesberichte abzusetzen. Wir bitten um Verständnis!

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9.3. 2018  Auf der Alternativ-Route nach Süden

Gestern Abend lernten wir noch  zwei Radtraveller Jana aus der Tschechei und Siemen aus Belgien kennen. Sie gingen an unserem Hotel vorbei und sahen die beiden Räder stehen. Da wollten sie auch die Besitzer kennenlernen. Zumal Jana auch ein Velotraum besitzt, allerdings ist das schon 17 Jahre alt. Die beiden sind vor 6 Wochen in Guadalajara im Norden Mexicos gestartet und sind auch auf dem Weg nach Panama. Sie fahren jetzt allerdings in die Richtung, aus der wir kommen – nach Belize. Es sind zwei leidenschaftliche Schnorchler und sie wollen unbedingt nach Belize an das Korallenriff. Von dort werden sie voraussichtlich mit dem Schiff nach Puerto Barrios fahren. Danach mit dem Bus Richtung Antiqua. Wir haben die Handy-Nummern ausgetauscht und wollen uns voraussichtlich in Antiqua wieder treffen. Sie wollen auch Ende April in Panama sein.

Wir haben uns entschieden, nicht auf der Hauptroute in Richtung Guatemala City zu  fahren, sondern eine kleinere Straße nahe der mexikanischen Grenze. Wenn alles klappt, können wir in 4 Tagen in Coban sein, unserem nächsten Ziel. Aber dazwischen liegen noch einige Kilometer und noch mehr Höhenmeter.

Heute morgen waren wir erst mal überrascht, als uns der Garmin auf eine Offroad-Piste schickte. Und dort verbrachten wir dann 24 km, bevor es auf guter Teerstraße mit wenig Verkehr weiterging. Wir treffen nochmals zwei Radtraveller. Das Mädchen aus Göttingen, der Junge aus England. Sie sind in Guatemala City gestartet und wollen nach Mexico City.  Sie kommen aus der Richtung, in die wir fahren wollen. Auf Radblogs wird die Strecke als übel beschrieben. Sie beruhigen uns mit einem „Alles halb so schlimm“-  Kurz vor unserem eigentlichen Etappenziel Sayaxche mussten wir dann mit einer kleinen Fähre noch über einen Fluss übersetzen. Nach einem kurzen Almuerzo beschlossen wir, nochmals bis Las Pozas weiter zu radeln. Es lief gut –sehr wenig  Verkehr, relativ gute Straße, teils Gegen- teils Rückenwind.  Die letzten 10 km ging es schnurgeradeaus, in der Kurve dann – sehr passend – das einzige Hotel mit dem Namen „La Curva“. Nach dieser Kurve geht es dann morgen für die ersten 30 km wieder wie mit dem Lineal gezogen weiter. Aber dann sind wir ja wieder frisch und hoffentlich gut erholt.

Die Etappe: Flores – Las Pozas, 99,7 km, 560 hm. 7:10 Std. unterwegs, max. 36°, Hotel La Curva

10.3. 2018 Den Bergen entgegen

Heute klappt es mit dem Frühstück vor der Abfahrt. Das ist auch gut so. Denn nach der Kurve geht es mit leichtem Gegenwind 30 km schnurgerade Richtung Süden. Und genau mit der ersten Kurve nach dieser Gerade sind wir in einer anderen Region. Die Region Peten ist ziemlich flach, jetzt sind wir in der Region Alta Verapaz und damit wird es zuerst hügelig und dann geht es ins Hochland. Wir merken es sofort, dass wir nicht nur geografisch in einem anderen Gebiet sind, sondern auch an den Menschen. Viele vorbeifahrende Autofahrer hupen  und in jeder kleineren Ansiedlung stehen vor allem die Kinder an der Straße und es tönt auch dutzendfach „Gringo“  aus den Behausungen. Wir verstehen das nicht als Schimpfwort, sondern für die Kinder scheinen wir eine Attraktion zu sein. Viele stehen auch am Straßenrand, wollen abgeklatscht werden oder ein Foto machen.

Nach etwa 55 km ist eine Abzweigung nach rechts und danach werden die Rampen etwas steiler. Zwischendurch aber immer wieder auch rasante Abfahrten. Jetzt kommt der Wind voll von hinten und hilft uns, den Schwung aus der Abfahrt für die nächste Steigung mitzunehmen. Die Sonne steht inzwischen wieder hoch und die Temperatur übersteigt in der Sonne wieder die 40° Grenze. Wir sind froh, schon um 14 Uhr unser Etappenziel Chisec erreicht zu haben und finden sogar ein Hotel mit Internet.

Das wird uns morgen voraussichtlich nicht gelingen. Es gibt jetzt keine größere Ansiedlung mehr zwischen Chisec und Coban. Dazwischen liegen zwar nur 75 km, aber über 2000 hm. Die werden wir auf 2 Tage aufteilen müssen.

Übrigens haben wir heute die ersten 1000 km überschritten. Darauf trinken wir ein Gallo (unsere Lieblings-Biermarke hier in Guatemala)

Die Etappe: Las Pozas – Chisec, 86 km. 560 hm, 6:45 unterwegs, max. 42° Hotel La Estancia, Chisec

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11.3.2018 Die Königsetappe ins guatemaltekische Hochland
Schon kurz nach 6 Uhr gibt es Frühstück im Hotel und so kommen wir zum ersten Mal pünktlich um 7 Uhr weg. Wir wissen bei der Abfahrt noch nicht, wie wir es machen wollen. Es gibt ja zwischen Chisec und Coban keine Übernachtungsmöglichkeit. Wir halten es aber für möglich, doch die ganze Strecke an einem Tag zu fahren. Auf der ersten Strecke, 38 km lang mit 860 hm geht es auch flott voran. Es sind zwar zwei Hammersteigungen mit 17% und 300 bzw. 200 hm dabei, aber unsere physische Frische und die kühlen Temperaturen am Morgen lassen uns diese Steigungen gut meistern. Die Guatemalteken haben ja ihre eigene Art, Straßen zu bauen: Immer die Diretissima den Berg hoch, auf der anderen Seite wieder steil hinunter. Das gibt viele Höhenmeter, aber du gewinnst nicht wirklich höhe. So sind wir am Ende des ersten Teils gerade mal 120 m höher.
Es ist ja heute Sonntag. Die Einheimischen sind alle in ihrer besten Kleidung, die Frauen tragen schöne Trachten, die jungen Männer schöne Hosen und taillierte Hemden. Aus den Kirchen der vielen Glaubensgemeinschaften tönt laute Musik. Aus einer Kirche hören wir ein Halleluja, gespielt von einer Band, so schön, wie ich es noch nie gehört habe. Wir nehmen kurz Platz hinten in der Kirche und werden von den Einheimischen herzlich begrüßt.
Auch das kleinste Dorf hat hier mindestens zwei Glaubensgemeinschaften. Aus allen tönt schöne Musik. So fahren wir teilweise im Rhythmus der Musik die Steigungen hoch.
Nachdem wir mit der ersten Etappe bereits um 10.30 fertig sind, gehen wir die nächste Etappe an, wohl wissend, dass uns nochmals über 1200 Höhemeter mit 36 km erwarten. Die Sonne brennt inzwischen richtig heftig und erreicht sogar 46°. Mehrere Verpflegungsstopps mit Getränkenachschub sind notwendig. Mehr und mehr muss ich die steilen Rampen schieben. Das Gepäck belastet schwer und noch ein kleinerer Gang wäre gut. Während wir im ersten Teil die steilen Rampen in Kurven hochfahren konnten und dabei die ganze Straße benutzten, war dies im zweiten Teil nicht mehr möglich, weil der Verkehr zunahm und wir auf unserer Seite rechts am Straßenrand bleiben mussten.
Es zieht sich endlos, aber nach knapp 9 Stunden sind wir in Coban. Ich hätte es nicht für möglich gehalten. Wir suchen ein Hotel und finden auch nach mehreren Rückfragen ein schönes. Gleich nach dem Check-Inn lassen wir uns die Cervezas schmecken, von denen wir schon die letzten 15 km geträumt haben. Hermann und ich sind stolz, diese Strecke an einem Tag geschafft zu haben. Nachdem wir einen Tag gespart haben, gibt es zur Belohnung morgen einen Ruhetag.
(Bilder zur Etappe folgen morgen) Verschoben wegen zu schlechtem Internet
Chisec – Coban, 72 km, 2142 hm, 9 Stunden unterwegs, max. 46°, Hotel Posada del San Antonio, Coban

12.3.2018 Ruhetag in Coban

Eigentlich war sowieso geplant, hier einen Ruhetag einzulegen. Nach der Riesenetappe von gestern hätten wir sogar zwei Tage verdient. Wir sind uns aber noch unschlüssig, ob es zwei werden sollen.

Ich habe hier geplant, Padre Godoy aufzusuchen, der in Coban eine Schule gegründet hat, um armen Indio-Kindern eine Schulbildung zu ermöglichen.  Gerne würde ich in Zukunft seine Arbeit finanziell unterstützen. Für 60 € kann man einem Kind ein Jahr lang Schulbildung ermöglichen. Die staatlichen Schulen sind praktisch nicht existent, und auf eine gute private Schule kann nur die Oberschicht ihre Kinder schicken. Viele Kinder scheinen nur das Wort „Gringo“ zu kennen. Aus jeder Behausung, an der wir gestern vorbeikamen, schallte uns dieses Wort entgegen. Selbst Kleinkinder kennen es.

Coban liegt eigentlich in einer der reichsten Regionen Guatemalas. Der  deutsche Geograph Karl Sapper hat es hier im 19. Jahrhundert mit vielen anderen deutschen Auswanderern geschafft, eine ertragreiche Landwirtschaft aufzubauen. So gibt es jetzt rund um Coban viele Kaffeeplantagen, Kardamonfelder und Zuckerrohr.

Gestern Abend wurden wir zufällig Zeuge einer religiösen Prozession. Dabei trugen 39 Männer und 1 Frau ein Bildnis zum gekreuzigten Jesus durch die Gassen Cobans, begleitet von viel Weihrauch und Blasmusik. Wurde hier vielleicht schon die Karwoche begonnen?

Anschließend werde ich die Planung für die nächsten Etappen bis Antigua machen. Wir werden dafür 4-5 Tage einplanen müssen.

13.3. 2018 Von geheimnisvollen Mächten wunderbar getragen …..

Unser 4-Sterne Hotel in Coban ist eine mittlere Katastrophe. Sieht von außen super aus, innen passt aber gar nichts.  Ich höre einen Amerikaner sagen: Für die ist selbst ein Stern noch Zuviel.

Gestern am späten Nachmittag mache ich mich noch auf, um Padre Godoy in der Communidad La Esperanza aufzusuchen. War gar nicht so einfach, obwohl nur 5 km vom Hotel entfernt. Nachdem mich der Sicherheitsposten vorne an der Pforte tatsächlich nach vielen Rückfragen zu ihm vorlässt, kann ich diesen Menschen mit besonderer Aura treffen. Er kennt mich ja nicht und weiß nicht den Grund meines Besuches. Nachdem ich ihm meine Geschichte erzählt habe, wird er zugänglicher und wir sprechen in seinem Büro über die Communidad und ihre Geschichte. Er selbst spricht dasselbe „Spanglisch“ – eine Mischung aus Spanisch und Englisch, wie ich. Wir verstehen uns. Als ich ihn auf eine Patenschaft für ein Kind anspreche, sagt er gerne, aber die zuständige Person sei erst Morgen da. Da wollten wir eigentlich weiterfahren. Nachdem wir 8 Uhr verabredet haben, verabschiede ich mich. Ich habe ihn mit dem Rad besucht und muss mich auf die Socken machen. Es wird schon dunkel und beginnt zu regnen. Ziemlich nass gelange ich in das Zentrum von Coban, habe mich aber total verfahren, da ich einige Einbahnstraßen gegen mich hatte. Ich frage den nächsten, der mir begegnet, ob er mir helfen könne. Kein Problem – er läuft in strömenden Regen ca. 1,5  km neben mir her und ich erzähle ich ihm meine Geschichte. Wir verabschieden uns herzlich am Hotel nicht ohne die Handy-Nummern auszutauschen.

Ich erzähle Hermann die Geschichte und frage im Hotel, ob wir einen Tag länger bleiben können. Können wir nicht – alles belegt. Stimmt uns aber nicht weiter traurig. Hermann und ich sind uns einig – wir besuchen morgen erst die Schule und radeln dann los.

Nachts hören wir, wie der Regen gegen das Dach prasselt prasselt. Ganz ungewöhnlich. Am Morgen ist es zwar noch bewölkt, aber angenehm warm. Wir fahren nach dem Frühstück durch die Slums von Coban zu der Communidad. Padre Godoy  ist nicht da. Die Vizechefin erklärt uns, dass er einen Notfall habe und vielleicht später oder gar nicht komme. Sie spricht selbst kein Englisch, holt aber aus einer Mittelschulklasse einen Schüler namens Jorge. Er spricht ein sehr gutes Englisch. Senorita Maria führt uns durch die Einrichtung und wir werden von den kleinen Kindern genauso herzlich begrüßt wie von den älteren.

Die älteren Schüler erzählen uns, warum sie in dieser Einrichtung sind und wie gut sie betreut werden. Ein Schüler erzählt es auf Spanisch, der andere übersetzt auf Englisch. Ich erzähle ihnen meine und unsere Geschichte und ihre Gesichter werden immer ungläubiger. Es wird ein herzlicher Abschied. Nicht ohne dass noch einige Schüler mal auf mein schönes Rad sitzen wollen.

Ich verspreche Maria, ihnen in Zukunft zu helfen, wo es möglich ist. Der Schüler Jorge hat eine große Zukunft vor sich – da sind wir überzeugt. Wie souverän und empathisch er den Übersetzer gemacht hat – das war für einen vielleicht 15jährigen grandios.

Hermann und ich setzen unsere Tour fort. Die Einrichtung lag fast an unserer geplanten Strecke. Nachdem anfangs noch viel Verkehr herrscht, wird dieser allmählich weniger. Dafür wird die Umgebung immer beeindruckender. Wir steigen, ohne es groß zu spüren, auf 1750 Meter hoch. Die Temperaturen sind angenehm. Schon um zwei Uhr sind wir an unserem Etappenziel in Purulha. Wir erkundigen uns, ob es die nächsten zwanzig Kilometer noch Ortschaften oder Hotel gäbe. Ja, in ca. 15 km. Das passt uns gut, wir sind noch voll motiviert. Als das erste Hotel links der Straße auftaucht, frage ich einfach mal nach, ob es Zimmer gäbe. Der Mann sieht gleich, dass er einen Deutschen vor sich hat und antwortet auf Deutsch. Er stellt sich als Eduardo vor. Er hat nicht nur Zimmer, er bietet uns eine kleine Hütte an inmitten eines botanischen Gartens. Es ist unglaublich – wir scheinen im Garten Eden gelandet zu sein. In der Nähe sind viele Naturlandschaften und der Quetzal – Biosphärenpark. Anscheinend ist dieser besondere Vogel in  Guatemala am ehesten hier anzutreffen. Er war ja fast ausgestorben und fast zu spät wieder angesiedelt worden. Heute ist er nur noch an besonderen Plätzen in Costa Rica anzutreffen.

Wir werden voraussichtlich morgen hier einen Ruhetag einlegen, um eine Tour in den Naturpark per Pferd zu unternehmen.  Welch ein Tag! Von geheimnisvollen Mächten wunderbar getragen?

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8 Kommentare zu „Im Land des Quetzals

  1. Hallo Ihr Beiden, Dein Reise-Bericht Alfred ist ein tolles Kontrastprogramm zu meinem Langlaufen in Sulzberg. Dort hat es noch genügend Schnee und super Loipen. Genieße weiterhin Deine „bildhaften“ Schilderungen und werde morgen die Sauna als Ersatz für Eure Temperaturen aufsuchen. Bleibt gesund und munter!!!Herzliche Grüße Dietmar

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  2. Lieber Alfred, wir freuen uns schon jeden Morgen über deine Berichte – sensationell. Euch weiterhin gute unfallfreie Fahrt mit ausreichend Trinkstationen bei der Hitze. Liebe Grüße Lisa und HP

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  3. Hallo Alfred , hab mich grad mal wieder mit deinen sensationellen Berichten auf den neuesten Stand gebracht ! Unfassbar, was ihr da leistet !! Weiterhin viel Spaß ! Passt auf euch und bleibt gesund !
    Liebe Grüße Pele und Mathi

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  4. Lieber Alfred,
    1000 Kilometer mit dem Fahrrad sind schon allein eine große sportliche Leistung!
    Es bleibt noch Zeit, Land und Leute kennen zu lernen und uns in Text und Bilder teilhaben
    Zu lassen.
    Wir freuen uns stets erwartungsvoll auf Deine Berichte!
    Grüße auch an Hermann!
    Ps: FC gewinnt in Hollenbach 1:0 ( ist Tabellen Siebter)
    FV in Bissingen 2:2
    Liebe Grüße
    Roswitha und Martin

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  5. Hallo Alfred und Hermann,
    wir warten hier sehnsüchtig auf Frühling und warme Temperaturen, also genießt die Wärme.
    Bleibt gesund und unfallfrei, es grüßen Euch aus Kammerhof
    Irmgard und Martin

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  6. Schön, dass es euch gut geht (und Ihr eine gesunde Bräune angenommen habt)
    klasse, wie Ihr Euch bei den Temperaturen über die Berge kurbelt;
    prima, dass wir dran Teilhaben können !!
    Ich war am Freitag bei einem Radreisevortrag und die haben auch erzählt, dass „Gringo“ definitiv nicht als Schimpfwort zu verstehen ist, ganz im Gegenteil …..
    Genießt Ruhetag und Lieblingsbier !!
    Grüße aus dem Schwäbischen
    Hartmut

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  7. Hallo Ihr zwei Weltenbummler,
    Super dass Ihr so gut voran kommt. Ich denke für Hermann ist das auch ein neues Erlebnis mit seinem neuen weissen Herrenrad. Wenn ich die Berichte so verfolge bekomme ich schon wieder Fernweh auf eine Radreise. Ende April gehts für zwei Wochen nach Portugal.
    Ich möchte mich noch für die tollen Inspirationen und Erlebnisse des ersten Teiles der 5-wöchigen Südamerikareise durch und Kolumbinen bei meinen Reisepartnern Alfred und Michael bedanken.
    Euch Beiden noch viel Spass und tolle Erlebnisse.
    PS: @Alfred und was ist nun besser Cerveza Columbia Dorado oder Cerveza Gallo.
    @Hermann hier ist ja Tequila das Lebenselexier
    buena suerte para el futuro viaje
    hasta luego

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  8. Hi, bin nach wie vor „bei Euch“! Sag Hermann er soll sich wenigstens Sonntags rasieren, damit er als „Gringo“ einen guten Eindruck hinterlässt! Selbstverständlich werde ich Euch für diesen „Seitenhieb“ bei Eurer Rückkehr einen ausgeben! Bleibt gesund und munter! Ein neidischer Dietmar

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