Im Herzen Guatemalas

13.3. 2018 Von geheimnisvollen Mächten wunderbar getragen …..

Unser 4-Sterne Hotel in Coban ist eine mittlere Katastrophe. Sieht von außen super aus, innen passt aber gar nichts.  Ich höre einen Amerikaner sagen: Für die ist selbst ein Stern noch Zuviel.

Gestern am späten Nachmittag mache ich mich noch auf, um Padre Godoy in der Communidad La Esperanza aufzusuchen. War gar nicht so einfach, obwohl nur 5 km vom Hotel entfernt. Nachdem mich der Sicherheitsposten vorne an der Pforte tatsächlich nach vielen Rückfragen zu ihm vorlässt, kann ich diesen Menschen mit besonderer Aura treffen. Er kennt mich ja nicht und weiß nicht den Grund meines Besuches. Nachdem ich ihm meine Geschichte erzählt habe, wird er zugänglicher und wir sprechen in seinem Büro über die Communidad und ihre Geschichte. Er selbst spricht dasselbe „Spanglisch“ – eine Mischung aus Spanisch und Englisch, wie ich. Wir verstehen uns. Als ich ihn auf eine Patenschaft für ein Kind anspreche, sagt er gerne, aber die zuständige Person sei erst Morgen da. Da wollten wir eigentlich weiterfahren. Nachdem wir 8 Uhr verabredet haben, verabschiede ich mich. Ich habe ihn mit dem Rad besucht und muss mich auf die Socken machen. Es wird schon dunkel und beginnt zu regnen. Ziemlich nass gelange ich in das Zentrum von Coban, habe mich aber total verfahren, da ich einige Einbahnstraßen gegen mich hatte. Ich frage den nächsten, der mir begegnet, ob er mir helfen könne. Kein Problem – er läuft in strömenden Regen ca. 1,5  km neben mir her und ich erzähle ich ihm meine Geschichte. Wir verabschieden uns herzlich am Hotel nicht ohne die Handy-Nummern auszutauschen.

Ich erzähle Hermann die Geschichte und frage im Hotel, ob wir einen Tag länger bleiben können. Können wir nicht – alles belegt. Stimmt uns aber nicht weiter traurig. Hermann und ich sind uns einigt – wir besuchen erst die Schule morgen und radeln dann los.

Nachts hören wir stetig, wie der Regen prasselt. Am Morgen ist es zwar noch bewölkt, aber angenehm warm. Wir fahren nach dem Frühstück durch die Slums von Coban zu der Communidad. Padre Godoy  ist nicht da. Die Vizechefin erklärt uns, dass er einen Notfall habe und vielleicht später oder gar nicht komme. Sie spricht selbst kein Englisch, holt aber aus einer Mittelschulklasse einen Schüler namens Jorge. Er spricht ein sehr gutes Englisch. Senorita Maria führt uns durch die Einrichtung und wir werden von den kleinen Kindern genauso herzlich begrüßt wie von den älteren.

Die älteren Schüler erzählen uns, warum sie in dieser Einrichtung sind und wie gut sie betreut werden. Ein Schüler erzählt es auf Spanisch, der andere übersetzt auf Englisch. Ich erzähle ihnen meine und unsere Geschichte und ihre Gesichter werden immer ungläubiger. Es wird ein herzlicher Abschied. Nicht ohne dass noch einige Schüler mal auf mein schönes Rad sitzen wollen.

Ich verspreche Maria, ihnen in Zukunft zu helfen, wo es möglich ist. Der Schüler Jorge hat eine große Zukunft vor sich – da sind wir überzeugt. Wie souverän und empathisch er den Übersetzer gemacht hat – das war für einen vielleicht 15jährigen grandios.

Hermann und ich setzen unsere Tour fort. Die Einrichtung lag fast an unserer geplanten Strecke. Nachdem anfangs noch viel Verkehr herrscht, wird dieser allmählich weniger. Dafür wird die Umgebung immer beeindruckender. Wir steigen, ohne es groß zu spüren, auf 1750 Meter hoch. Die Temperaturen sind angenehm. Schon um zwei Uhr sind wir an unserem Etappenziel in Purulha. Wir erkundigen uns, ob es die nächsten zwanzig Kilometer noch Ortschaften oder Hotel gäbe. Ja, in ca. 15 km. Das passt uns gut, wir sind noch voll motiviert. Als das erste Hotel links der Straße auftaucht, frage ich einfach mal nach, ob es Zimmer gäbe. Der Mann sieht gleich, dass er einen Deutschen vor sich hat und antwortet auf Deutsch. Er stellt sich als Eduardo vor. Er hat nicht nur Zimmer, er bietet uns eine kleine Hütte an inmitten eines botanischen Gartens. Es ist unglaublich – wir scheinen im Garten Eden gelandet zu sein. In der Nähe sind viele Naturlandschaften und der Quetzal – Biosphärenpark. Anscheinend ist dieser besondere Vogel in  Guatemala am ehesten hier anzutreffen. Er war ja fast ausgestorben und fast zu spät wieder angesiedelt worden. Heute ist er fast nur noch an besonderen Plätzen in Costa Rica anzutreffen.

Wir werden voraussichtlich morgen hier einen Ruhetag einlegen, um eine Tour in den Naturpark per Pferd zu unternehmen.  Welch ein Tag! Von geheimnisvollen Mächten wunderbar getragen ?

Die Etappe: Coban – RamTzul, 64 km, 860 hm, max. 36°, Hotel Reserva RamTzul

 

14.3. 2018 Ruhetag im Naturreservat RamTzul

Das mit dem Pferd wird nichts. Das mit dem Naturpark schon. Nachdem es gestern mit dem Internet nicht mehr geklappt hatte, versuchen wir es heute morgen nochmals – ohne Erfolg. Wir planen auf Anraten von Enrique Steinle, dem Geschäftsführer des Hotels, uns in Purulha ein billiges Cellular (Handy) zu kaufen mit einer Zentralamerikanischen SIM-Card. Diese gilt für ganz Mittelamerika. Nachdem es aber den ganzen Vormittag trübe und regnerisch ist, wird es gegen Mittag etwas sonnig und wir nützen die Gelegenheit, mit einem Führer eine fast dreistündige Trekking-Tour durch den Urwald zu den Wasserfällen zu machen. Es wird eine tolle Tour durch dichten Urwald mit vielen Höhenmetern bergauf und bergab.

Nachmittags fahren wir dann wie vorgesehen mit dem Rad nach Purulha, um ein billiges Handy mit SIM-Karte zu kaufen. Das liegt 300 hm tiefer und 15 km weit zurück. Es klappt wie vorgesehen und bevor der große Regen wieder einsetzt, sind wir zurück. Jetzt habe ich mein eigenes Internet und bin hoffentlich nicht mehr auf die mehr oder weniger schlechte Internetverbindungen in den Hotels angewiesen. Abends regnet es in Strömen. Wir hoffen, dass es morgen wieder trocken ist, um unsere Reise in Richtung Antigua fortsetzen zu können.

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15.3. 2018 Von Alta Verapaz nach Bajaverapaz
Es regnet die ganze Nacht wieder in Strömen. An das haben wir uns fast schon gewöhnt. Es ist einfach die geografische Lage an den Osthängen dieses Gebirgszuges – hier regnet es sich ab. Nach dem Frühstück gibt es eine herzliche Verabschiedung von Enrique und seinem Team. Sie sind uns und wir sind ihnen in den anderthalb Tagen schon ans Herz gewachsen. Enrique gibt uns seine Telefonnummer mit. In der Not könnten wir ihn sofort anrufen.
Es hat zwar aufgehört zu regnen, ist aber neblig und kühl, als wir von 1700 m abfahren in Richtung Salama. Aber schon eine halbe Stunde später müssen wir die Regenkleidung und die warme Kleidung ablegen. Das Thermometer geht schon wieder Richtung 30°. In einer kleinen Ortschaft zeigt der Garmin eine Abzweigung an. Wir sind leicht irritiert, folgen aber dem Track. Schon bald geht die Straße in eine Erdpiste über. Diese führt uns in ganz abgelegene kleine Ansiedlungen und in eine tolle Landschaft. Es ist nur noch das Knirschen der Reifen zu hören. Teilweise geht es steil bergab, ist aber mit unseren Rädern gut fahrbar. Nach ca. 15 km erreichen wir die schöne, saubere Stadt San Jeronimo. Ältere Herren auf dem Plaza de Central empfehlen uns ein Besuch im „Museo del Trapiche“. Wir beschließen jedoch, weiterzufahren und im 10 km entfernten Salama, der Hauptstadt des Beszirks Baja Verapaz, eine Mittagspause einzulegen. Inzwischen gut aufgewärmt geht es weiter über einen 600 hm hohen Pass mit toller Abfahrt nach Rabinal, unserem heutigen Etappenziel. Wir finden unter Mithilfe eines Jungen ein kleines, sauberes Hotel für umgerechnet 8 €. Überhaupt sind die Preise hier sehr billig – wir sind weit weg von einem Touristenzentrum.
Die Etappe: RamTzul , Eco Reserva – Rabinal, 64 km, 806 hm, 5:20 unterwegs, max. 34°, Hotel Posada San Pablo, Rabinal

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16.3.2018  Durchs wilde Hochland Guatemalas

Nach ruhiger Nacht starten wir nach Sonnenaufgang ohne Frühstück. Es soll heiß werden und wir möchten den größten Teils des Anstiegs hinter uns haben, wenn die Sonne höher steht.

Schon vor wir den Ortsausgang von Rabinal  erreicht haben, beginnt die steinige Piste.  An einer kleinen Tienda nehmen wir am Vorbeifahren doch noch ein kleines Frühstück zu uns. Zu den frischen, warmen Tortillas gibt es sogar noch einen Kaffee. Es kommen uns viele vollbesetzte Collectivos entgegen – Kinder, die in die Schule gehen und Erwachsene, die ihrer Arbeit hier nachgehen. Schon bald ist Schluss mit Radfahren. Es geht steil bergauf bei katastrophalem Untergrund. Schlicht unfahrbar. Die vollbepackten Räder bergauf schieben – das kostet Kraft. Der Höhenmesser scheint stehenzubleiben – die Sonne steigt höher. Wir haben insgesamt knapp 1000 hm am Stück nach oben. Irgendwann zwei relativ frische Gräber am Wegesrand. Ein Motorradfahrer fährt an uns vorbei – mit Helm -das ist die Ausnahme. Er hält an, kommt auf uns zu. Wir merken – er hat keine schlechte Absicht. Er erklärt uns, das hier vor gut einem Jahr der Bürgermeister von Rabinal mit seinem Fahrer überfallen und erschossen wurde. Es selbst sei Polizist gewesen. Wir müssten aber keine Angst haben – die Gegend hier sei jetzt sicher. Das beruhigt uns.

Die Steigung nimmt etwas ab und wir können wieder fahren. Besser gesagt, uns einen Weg um die größten Löcher und Steine suchen. Der letzte Anstieg – wir glauben unseren Augen nicht zu trauen – geht die Piste in Asphalt über. Es ist geschafft – nach knapp 3 Stunden Aufstieg sind wir oben auf über 1800 m.

Auf der Abfahrt wechselt der Belag immer wieder von Asphalt zu Schotter – es heißt höllisch aufpassen. Wir sind fast unten in El Chol – das erwischt es Hermann nach knapp 1300 km mit dem ersten Plattfuß. Er kommt ordentlich ins Schlingern, kann sein Rad aber gottseidank noch beherrschen. Wäre er schneller gewesen – ein Sturz wäre kaum zu vermeiden gewesen.

Schnell haben wir den Schlauch gewechselt und noch vor 12 Uhr sind wir in einer kleinen Comida in El Chol, und lassen uns Eier mit Bohnen und Tortilla servieren. Eigentlich war ja das hier das Etappenziel. Aber wir können ja nicht schon um 12 Uhr Feierabend machen. Ich schaue bei Google Maps nach, ob noch eine Ortschaft mit Hotel kommt. Das scheint nach 11 km in Granados der Fall zu sein. Wir beschließen, bis dort hin weiterzufahren. Schon bald hört der Asphalt wieder auf und wir steigen nochmals um 300 m höher. Die Sonne brennt jetzt wieder gnadenlos – das Thermometer steigt auf 46°.  Noch ein paar Höhenmeter bei der Hotelsuche – dann haben wir es geschafft. Das Hotel ist ziemlich neu und liegt schön auf einem Berg. Eigentlich ist es noch gar nicht eröffnet. Wahrscheinlich sind wir die ersten Gäste.

Die Etappe: Rabinal –Granados, 36 km, davon 28 km unpaved, 1274 hm, 6:30 unterwegs, max. 46° Temperatur, Hotel  La Valle

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17.3. 2018  Kurz aber heftig

Heute klappt es, mit dem Morgengrauen, schon um 6:30 Uhr starten wir. Wir möchten heute nicht von der Sonne gegart werden. Von gestern Abend haben wir noch ein paar Pizzastücke, die essen wir heute morgen kalt. Nach einigen kurzen heftigen Abstiegen erfolgt eine lange Abfahrt zum tiefsten Punkt bei etwa 600 m. Nach der Flussüberquerung erfolgt der lange Aufstieg auf 1800 m , mit einigen kurzen Abfahrten zwischendurch. Schon um 10 Uhr haben wir heute die ersten 1000 hm geknackt. Während es morgens noch bedeckt war,  brennt die Sonne wieder  und erreicht die 40° Marke. Wir sind froh, schon kurz nach 12 Uhr unser heutiges Etappenziel – San Juan Sacatepequez erreicht zu haben. Beim Mittagessen überlegen wir kurz, ob wir bis Antigua weiterfahren sollen. Das wären zwar nur noch 24 km. Es würden uns aber weitere 400 hm erwarten und inzwischen heftiger Verkehr. Wir befinden uns im Einzugsbereich von Guatemala Stadt und Antigua. Wir verwerfen den Gedanken und beschließen, ein  Hotel zu suchen. Das ist gar nicht so einfach. Gottseidank sind wir jetzt auf Google Maps online. Welch ein Zufall. In 500 m Entfernung gibt es das Casa Damasco. Es liegt herrlich in einem ruhigen, schönen Park.  Während wir warten, bis die Zimmer gerichtet sind, schauen wir den Kolibris zu, wie sie die zahlreichen Blumen bestäuben. Nicht ohne dabei ein Cerveza zu trinken.

 

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3 Kommentare zu „Im Herzen Guatemalas

  1. Lieber Alfred, deine Texte sind total spannend und wir freuen uns schon jeden Tag auf deinen “ bebilderten Fortsetzungsroman“ . Wir wünschen euch für die Weiterfahrt weiterhin so tolle Abenteuer, weniger Regen und gnadenlos gute Hotels. Lisa und HP

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  2. Hallo Alfred@Hermann,
    Euch beiden scheint es ja richtig gut zu gehen.
    Sonja und ich rätseln schon wie das Kind heissen wird, das Ihr beide von der Reise mitbringt.
    Was mir ganz gut gefällt, es gibt eine Verpflegungsstation „Bar El Viajero“, dann kann ja nichts mehr schief gehen.
    Euch beiden noch viel tolle Erlebnisse und Eindücke.
    saludar a los viajeros hasta manana

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