Nicaragua

30./31.3.2018  Schon wieder über die Grenze

Ein kleiner Schock zur Morgenstunde. Hermann sieht , dass sein Rad schon wieder Plattfuß hat. Und er hat keinen Schlauch mehr. Er kann den Schlauch zwar flicken, wir wissen aber, dass jetzt nichts mehr passieren darf unterwegs. So geht es mit mulmigem Gefühl Richtung Grenze. Die Straße ist eine Zumutung. Sie ist zwar asphaltiert, ist aber so holprig und löchrig dass wir permanent durchgeschüttelt werden. Trotzdem schaffen wir die 40 km zur honduranischen Grenze in gut 2 Stunden. Die Ausreise an der honduranischen Grenze erfolgt problemlos. Es ist ja Feiertag und ganz wenige Menschen sind unterwegs. Dasselbe an der nicaraguanischen Einreise. Wir scheinen die einzigen Einreisenden zu sein heute morgen. Trotz dem Formblatt, dass uns der Angestellte im salvadoranischen Reisebüro vor zwei  Tagen ausgestellt hat, scheint es Probleme zu geben. Letztendlich sind wir aber dann doch nach  einer guten Stunde durch. Wir sind in Nicaragua angekommen, unserem sechsten Land der Reise.

Es hat sich einiges verändert. Die Menschen sind freundlicher – die Straßen besser. Es hat so gut wie keinen  verkehr. Die erste Stadt in Nicaragua – Somotillo – ist eigentlich unser Etappenziel.  Nach einem kleinen Imbiss versuchen wir trotz Feiertag ein Radgeschäft zu finden. In Google Maps ist eines ausgewiesen. Auf dem Weg dorthin fragt uns ein Junge, was wir suchen. Er sagt, er kennt eines. Zuerst klingelt er an einem Haus, dort macht niemand aus, dann fährt er weiter zu einem „Gemischtwarenladen“.  Dort haben sie tatsächlich einen Schlauch – aber nur einen 26er, Hermann braucht aber 28. Er nimmt ihn trotzdem mit, zur Not könnte es gehen. Auf dem Rückweg dann, kommen wir an dem Haus vorbei, in dem der Junge vorher geklingelt hatte, aber niemand aufmachte. Jetzt steht eine Oma vor der Tür und fragt, was wir wollen. Sie geht hinein – und kommt tatsächlich mit einem 28er Schlauch zurück. Sie hatte sowas tatsächlich in einem „Nähkästchen“ . Erleichtert fahren wir weiter. Trotz der Hitze ist es traumhaft zu fahren – kein Verkehr und gute Straße. Irgendwann nach mehr als 20 km taucht ein Restaurant am Wegesrand auf. Es ist eine „Oase“ in der Wüste  und heißt „Rancho de  Bonanza“. Der Wirt sagt, dass es hinter dem Restaurant auch einen Swimming-Pool gebe. Wir schauen den Platz an und kommen auf die Idee, hier zu zelten. Ja, das ginge schon, sagt der Besitzer. Wir, die Gringos, sind sehr bald die Exoten im Pool. Kinder und Erwachsene scharen sich um uns. Einige Runden Bier und Schnaps werden spendiert. Nach einem guten Abendessen schlagen wir aber nicht unsere Zelte auf, sondern legen uns einfach in die Hängematten, die unter einem Strohdach aufgehängt sind. Wir verbringen die Vollmondnacht im Freien. Ein Erlebnis der besonderen Art. Am Morgen fehlt mir zwar ein Radshirt und ein Fahrradhandschuh -trotzdem geht es guten Mutes und mit etwas Schlafdefizit auf die nächste Etappe nach Leon. Die Straße ist nach wie vor ein Traum und der Verkehr nach wie vor nicht vorhanden. Wir fahren an großen Bananenplantagen vorbei, es wird wieder grüner, der Gegenwind allerdings immer heftiger. Nach 20 km folgen wir der Abzweigung  einer ganz neuen Straße. Diese ist noch auf keiner Karte eingezeichnet. Sie geht direkt nach Managua. Lange suchen wir nach einer Möglichkeit, zu frühstücken. Wir finden sie dann nach einer Abzweigung Richtung Leon. Polizeibeamte erklären uns, dass es ab hier nur noch 28 km nach Leon seien. Wir nehmen diesen Weg, da es auf der neuen Straße Richtung Managua keine Ortschaften in erreichbarer Nähe geben sollte. Doch die Kilometerangaben sind weit daneben. Es sind nicht 28 km, sondern 39 km. So kommen wir doch auf 95 km bis wir in Leon sind. In dieser Stadt ist ganz schön was los – sie hat einen schönen kolonialen Altstadtkern – ähnlich dem in Antigua. Viele Touristen tummeln sich hier. Morgen geht es weiter nach Managua – der Hauptzstadt Nicaraguas. Dort gibt es dann einen Ruhetag und hoffentlich Zeit, etwas auszuschlafen. (Bilder folgen)

1.4.2018  Hart gegen den Wind in die Hauptstadt Nicaraguas

Es ist heute Ostersonntag, kein Grund für uns, Ostereier zu suchen oder auszuschlafen. Wie schon gewohnt starten wir um 6 Uhr in Leon. Dank Garmin Navigation finden wir schnell aus der 200 000 Einwohner-Stadt. Dann allerdings die Oster-Überraschung – keine Eier, sondern Offroad. Das war so nicht vorgesehen. Wir wollen auf die NIC 24 – da bleibt nichts anders  übrig-. Große Steine, Sand, durch viele kleine, arme Behausungen, zwischen drin finden wir uns in Kuhherden wieder – so geht es fast 30 km  bis La Paz. Dort wird gerade Ostern gefeiert – mit Musik, Böllern und der Christusstatue auf den Schultern vieler Männer. Sie wird durch das Dorf getragen. Unsere Räder tragen uns weiter – jetzt auf Asphalt. Aber wir fahren gegen den Wind. Bisher hatten wir ja viel Glück – der Wind kam meistens von hinten. Heute, am Ostersonntag, rächt er sich an uns. Wenigstens der Verkehr ist nicht nervend. Nach etwa 60 km erreichen wir das Ufer des Managua-Sees mit dem schlotenden Momotombo-Vulkan dahinter. Der See ist ganz schön aufgewühlt vom Wind. Für uns gut, denn dadurch ist es nicht so warm. Die Temperaturen bleiben unter 40°. Irgendwann erreichen wir die Vororte Managuas. Ein kleiner Imbiss, danach wollen wir auf Hotelsuche. Das ist aber gar nicht so einfach. Wir machen eine halbe Stadtrundfahrt bis wir ein geeignetes Hotel finden. Wir haben ja morgen einen Ruhetag, und da wollen wir schon einen kleinen Luxus.

Spontan lädt uns hier im Hotel am Pool ein nica- Kaffeefarmer zu ein paar Bier ein. Da sagen wir nicht nein. Seine Frau ist Ärztin, es geht im nicht schlecht in dem sozialistischen Land – er liebt es jedenfalls.

Managua, die Millionenstadt und Hauptstadt Nicaraguas wurde bei dem Erdbeben 1972 fast ganz zerstört. Man sieht fast keine Hochhäuser – die Stadt ist flach, dafür großflächig an den Managua-See gebaut. Sehenswert eigentlich nur die Ruine der Kathedrale und die schattenhafte Statue Sandinos. Die Stadt ist umgeben  von 14 noch meist aktiven Vulkanen.

Wir haben vor, morgen an unserem Ruhetag, am Malecon entlang zu schlendern, ein gutes Essen, einen Cafe und ein oder zwei Cervezas zu genießen. Das gönnen wir uns am Ostermontag.

 

Die Etappe: Leon – Managua, 102 km, 420 hm, 7:20 unterwegs, max. 37° Temp. Hotel Mozonte, Managua

 

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2.4.2018 Ruhetag in Managua

 

Wir genießen es, mal nicht die Radtaschen packen zu müssen. Dafür gibt es mal wieder ein ordentliches Frühstücksbuffet. Haben uns gestern abend noch mit dem anderen deutschen Gast – Nils, einem Banker aus Hamburg – zu einer kleinen Sightseeing-Tour verabredet. Mit dem Taxt geht es zum Malecon. Dort herrscht heute gähnende Leere, das Museo San Pablo und der Präsidenten-Palast sind geschlossen. Descanso ist angesagt nach der wohl anstrengenden Semana Santa.  Weniger Tote in der Semana Santa lese ich als Überschrift in der Zeitung. Erfreulich- weniger Tote bei den wilden Schießereien, die sie die ganzen Tage veranstaltet haben oder im Straßenverkehr?

 

Wir können die Ruine der Kathedrale von außen besichtigen. Begehbar ist sie nicht. Das Dach ist bei dem schweren Erdbeben 1972 eingestürzt. In den Mauern sind tiefe Risse.

Auf Schritt und Tritt werden wir mit der politischen Geschichte Nicaraguas konfrontiert. Augusto Sandino und die Somoza-Dynastie haben das vergangene Jahrhundert in Nicaragua geprägt. Im Präsidenten-Palast  erlebt man auch die spirituelle und künstlerische Geschichte durch Dichter wie Ruben Dario. Dazu gehört auch Ernesto Carnaval.

 

Heute möchte ich mich mal für die vielen positiven Kommentare bedanken, die ihr uns zukommen lässt. Es  gibt  uns immer wieder Ansporn und Motivation für die noch ausstehenden Etappen. Leider kann ich viele Kommentare nicht beantworten – es fehlt ganz einfach die Zeit dafür.

 

Muchas gracias!

 

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3.4.2018  Ein erfrischendes Bad im Kratersee

 

Da  erst um 7 Uhr das Frühstücksbuffet eröffnet und wir als Schwaben nicht darauf verzichten wollen – es ist im Preis inbegriffen – kommen wir erst um 8 Uhr weg und damit voll in den Berufsverkehr der Millionenstadt Managua. Doch wir schlängeln uns gut durch die Autokolonnen und nach ca. 15 km wird es ruhiger auf den Straßen. Danach folgt nochmals mit Masaya  eine größere Stadt – auch hier kommen wir gut durch. Es sind nur noch 9 km nach Granada – unserem Etappenziel – da deutet ein Schild zur Lagune Apoyo. Wir entscheiden uns, diese 7 km abseits der Strecke in Kauf zu nehmen. Und es war eine gute Entscheidung. Wir stehen oben am Kraterrand und blicken auf den tiefblauen See. Da müssen wir natürlich runter. Ziemlich steil geht es mehr als 200 hm nach unten.  So schnell wie wir unten sind, sind wir auch im erfrischenden Wasser. Es ist kälter als alle Gewässer vorher und sehr sauber. Barfuß durch den Lavasand ist nicht länger als 10 Schritte möglich, sonst hast du die Fußsohlen verbrannt.

Nach dem Bad und einem guten Essen auf der Terrasse mit Seeblick geht es wieder nach oben. Wir spüren jetzt deutlich die Power, die wir jetzt durch die vielen Kilometer in den Beinen haben. Im kleinsten Gang schaffen wir es. Wir steigen sogar kurz ab und helfen einem Jungen, der mit seinem mit Holz beladenen  einspännigem Pferdefuhrwerk nicht weiterkommt. Dem  ziemlich abgemagerten Pferd geht die Kraft aus – wir helfen an der steilsten Stelle etwas mit.

Von oben bietet sich an einem Mirador nochmals ein fantastischer Ausblick auf den Kratersee und den dahinter aufliegenden Vulkan Mochatambo.

Schnell sind wir dann in Granada und finden in einem er vielen Hotels und Hostals eine billige Unterkunft. Bei einem Stadtrundgang sind wir überrascht, was diese Stadt an Kolonialbauten und Kirchen zu bieten hat. Auch die vielen schönen Innenhöfe erinnern stark an Antigua und Leon.

Während in der nicaraguanischen Geschichte Leon als die Hauptstadt der Liberalen gilt, ist Granada der Mittelpunkt der Konservativen.

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  1. 4. 2018 Zur Insel Ometepe

 

Die erste Nacht in einem Hostel dürfte auch die letzte gewesen sein. Laute Musik, danach junge Amerikaner, die es keinen Deut juckt, ob andere schlafen möchten und bis tief in die Nacht diskutieren, dazu Moskitos und ein lärmender Ventilator – das war auch für Hermann zu viel. Mit wenig Schlaf machen wir uns heute schon vor 6 Uhr auf den Weg. Nach ein paar Fotos in der Morgensonne über Granada geht es erst mal über 250 m nach oben. Erst im lärmenden Verkehr, danach wird es aber wieder angenehm ruhig auf der Straße. Nach einem guten Frühstück am Wegesrand geht es jetzt flott in Richtung Rivas/San Jorge am Nicaragua-See. Nach 77 km erreichen wir den Hafen schon vor 12 Uhr und wollen so schnell wie möglich  auf die Insel Ometepe kommen, um den Vulkan Concepcion mit dem Rad zu umrunden. Wir erwischen aber keine große Fähre, sondern einen alten Holzkahn, der auch noch mit allen möglichen Gütern beladen wird.  Hermann zurrt unsere Räder an der Reeling noch mit einem eigenen Gurt fest. Und das ist auch gut so. Der Kahn schaukelt wie wild über das aufgerauhte Wasser des Nicaragua-Sees. Manchmal kommt die gesamte Ladung mit unseren Rädern ins Rutschen. Gut eine Stunde dauert die Überfahrt auf die Insel Ometepe. Majestätisch erhebt sich dort der Vulkan Concepcion. Heute ist er friedlich, was scheinbar in letzter Zeit nicht immer der Fall gewesen sein soll. Die Insel scheint auch das Ziel vieler Backpacker zu sein.

Hermann hat die Schiffsfahrt nicht gut getan. Er ist leicht seekrank. Mit der Umrundung des Vulkans wäre es aber auch so nichts geworden. Es ist gnadenlos heiß und du hälst es nur kurze Zeit in der Sonne aus. Außerdem wären es 75 km gewesen, hätten wir den Vulkan umrunden wollen.

So nehmen wir nach einem Kaffee die Fähre zurück ans Festland. Diesmal ist es ein größeres Schiff, das auch Autos und Laster geladen hat. So ist wenigstens die Rückfahrt ein Genuss mit  Blick auf den mächtigen Vulkan.

Schnell finden wir ein ruhiges Hotel und hoffen, in dieser Nacht das Schlafdefizit ausgleichen zu können. Morgen wird es zur Costa-Ricanischen Grenze gehen. Diese ist nur noch ca. 30 km entfernt.

 

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5.4.2018  Durch nicaraguanische Windparks an die costaricanische Grenze.

 

Nach einem bescheidenen Frühstück im Hotel geht es erstmal entlang des Nicaragua-Sees nach Südosten. Wir haben gestern ja von der Fähre aus die großen Windparkfelder mit schätzungsweise über 100 Windkraftturbinen gesehen. Jetzt fahren wir mitten durch. Oft sind sie weniger als 50 m entfernt.  Obwohl sie alle in Betrieb sind, ist fast nichts von ihnen zu hören – ganz im Gegensatz zum vorbeidonnernden Lastverkehr. Hier ist anscheinend niemand die Sicht auf irgendeinen Vulkan versperrt.  Ob die Nicas ihrem Nachbarn in Sachen um Umweltbewusstsein nacheifern wollen?

An der Grenze zu Costa-Rica ist dann auch in großen Lettern zu lesen, dass hier die Energie zu 100% regenerativ gewonnen wird. Es scheint in diesem Land, dass auch kein Militär hat, alles möglich zu sein.

Die nicaraguanische Ausreise klappt problemlos, nachdem der Grenzbeamte klar sagt, als wir 6 Dollars Gebühren zahlen müssen, dass wir einen Dollar weniger zurückbekommen. Der ist nämlich für ihn. Er scheint sich damit sein Gehalt aufzubessern.

Auch die Einreise nach Costa-Rica ist nach einer knappen Stunde anstehen erledigt.

Sofort – schon nach dem ersten Kilometer – fällt uns auf, dass kein Müll mehr am Straßenrand liegt. Auch die Häuser sind gepflegter, ebenso die Straße, die ganz frisch asphaltiert ist. Zwanzig Kilometer nach der Grenze liegt unser Etappenort La Cruz. Nach einem letzten kräftigen Aufstieg haben wir unser Etappenziel um 13 Uhr erreicht. Die Ortschaft liegt auf über 200 m Höhe und es weht ein angenehm frischer Wind.

Die Etappe: Rivas (Nic)– La Cruz (CR)  60 km, 480 hm, 6:18 unterwegs, 36°, Cabanas Santa Martha, La Cruz

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