Radtour nach Auschwitz
Martin Krick aus Babenhausen plant eine Radtour von Stiefenhofen nach Auschwitz in Gedenken an Gabriele Schwarz und weitere Opfer der Nazi-Diktatur. Er nennt die Aktion „Nie wieder Tour“ Der Start ist am 6. September 2020 um 10 Uhr in Stiefenhofen. Innerhalb 12 Tagen will Martin mit seinen Begleitern die Strecke von 1300 km zurücklegen.
Martin Krick, der schon mehrere Rad- und Laufprojekte im Sinne sozialer Anliegen umgesetzt hat, versteht seine Radtour als Mahnung an zukünftige Generationen, dass so etwas nie wieder geschehen darf. Die Erinnerung an die Euthanasie und die Ermordung der Sinti und Roma ist ebenso eingeschlossen.
Er wird neben seinem persönlichen Gepäck einen Koffer aufsatteln, um persönliche Erinnerungsstücke von Stiefenhofen nach Auschwitz zu bringen. Diese will Martin in Auschwitz der Internationalen Jugendbegegnungsstätte übergeben.
Wie bei seinen bisherigen Charity-Touren möchte Martin Krick auch Spenden sammeln, die der Jugerndbegegnungsstätte in Auschwitz zugute kommen.
Ich habe Martin Krick über unseren gemeinsamen Radlerfreund Hartmut Bögel kennengelernt. Gerne werde ich ihn bis Auschwitz begleiten. Weitere Unterstützer und Freunde sind eingeladen, uns auch auf Teilstrecken zu begleiten.
So möchte auch Leo Hiemer uns auf der Etappe von Stiefenhofen nach Memmingen begleiten. Leo Hiemer hat über die Geschichte von Gabriele Schwarz ein Buch geschrieben (Gabi, geboren im Allgäu – ermordet in Auschwitz) und einen Film gedreht ( Leni …… muss fort) (www.hiemer-film.de)
Die Tour steht unter dem Vorbehalt der aktuellen Corona-Maßnahmen.
Für alle, die mehr erfahren wollen:

Die Wanderausstellung „Geliebte Gabi“
Ein Mädchen aus dem Allgäu – ermordet in Auschwitz“ gibt Einblick in das Leben von Gabriele Schwarz. Fünf glückliche Jahre verbrachte die Kleine im Kreis einer Bauernfamilie, geliebt wie ein eigens Kind. Doch wie hunderttausende andere Kinder wurde auch Gabi ein Opfer des Rassenwahns der Nationalsozialisten. Ihre Mutter war eine Jüdin aus Augsburg. Den Vater hat sie niemals genannt, wahrscheinlich ein Nicht-Jude, dem wegen Rassenschande der Prozess gemacht worden wäre. Gabi selbst aber galt nach einer Ausnahmeregelung der Nürnberger Rassengesetze von 1935 als „Volljüdin“. 1942 wurde ihre Mutter ermordet, ein Jahr später hieß es auch für die kleine Gabi Abschied nehmen von ihrer Allgäuer Heimat. Über das Zwischenlager München-Berg am Laim kam sie nach Auschwitz, wo sie an Ort und Stelle in der Gaskammer umgebracht wurde. In fünf Stationen kann man ihr Aufwachsen auf dem Bauernhof verfolgen. Viele Fotos wurden von ihr gemacht, von denen eine Auswahl in der Ausstellung gezeigt wird. Spiel- und Anziehsachen, die mal Gabi gehört haben, sind zu sehen, in einer Hörstation wird ihr Schicksal nach dem Abschied von ihren Pflegeeltern erzählt, in einer Videostation erinnern sich Zeitzeugen an das kleine Mädchen. Die letzte Station ist dem Gedenken gewidmet, die überschrieben ist: „Gabi lebt solange wir uns an sie erinnern.“ Die wissenschaftliche Grundlage, die Fotos und die gezeigten Exponate lieferte der Allgäuer Autor und Filmemacher Leo Hiemer, der sich mit Gabis Schicksal intensiv beschäftigt hat. 2019 legte er sein Buch „Gabi (1937—1943). Geboren im Allgäu – ermordet in Auschwitz“ vor, in dem er das Ergebnis seiner langjährigen Forschungen präsentiert. Leo Hiemer ist auch im Rahmenprogramm der Ausstellung zu sehen: er liest aus seinem Buch, führt durch die Ausstellung und begleitet seinen Spielfilm „Leni …muss fort“, der in den örtlichen Kinos gezeigt wird. Kuratiert wurde die Ausstellung von der Volkskundlerin Regina Gropper M.A., die Führungen für Schulklassen anbietet und ein Erinnerungscafé anbietet. In einem Gesprächsforum sollen Zeitzeugen und Fachleute Gelegenheit erhalten, Verfolgungsgeschichten vor Ort vorzustellen. Möglich wurde die Wanderausstellung durch eine Förderung des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung im Rahmen des Programms „LandKULTUR“ sowie eines Zuschusses der Bezirk Schwaben Stiftung für Kultur und Bildung.






Der Start
6. September 2020
Tags zuvor habe ich mein Rad bei Jörg in Schönau deponiert. Bei der Abfahrt am Sonngtagmorgen mit Brigitte und Jorge im Auto in Vogt ist es zwar noch trocken, doch die dunklen Wolken und der Wetterbericht verheißen nichts Gutes. Ich steige bei Jörg in Schönau um auf das Rad und werde gleich zum ersten Mal nass. Aber erstmal unter der Regenkleidung, denn ich komme an den Steigungen mächtig ins Schwitzen. Nach einer ersten kurzen Begrüßung von Martin und seinen Töchtern und den anderen Begleitern, beginnt auch schon die offizielle Zeremonie durch verschiedene Ansprachen, u.a. durch Leo Hiemer, der den Fall von Gabi Schwarz unter anderem in einem Buch und einem Film dokumentiert hat. Martin Krick erläutert den Anwesenden, warum er diese Aktion „Nie wieder “ Tour geplant hat und sie gerade jetzt durchführen will.
In der Zwischenzeit regnet es in Strömen. Sind es die Tränen Gabis, die auf unsere Haut tropfen? Tränen eines fünfjährigen Mädchens, das sich auf dem Allgäuer Bauernhof ihrer Stiefeltern so sicher und geborgen fühlte und nicht wusste, warum sie gehen sollte. Wie unmenschlich muss das System und ihre Protagonisten gewesen sein, um das unschuldige Kind in der Gaskammer von Auschwitz zu töten. Warum können Menschen so grausam sein?Nie wieder darf so etwas passieren!
Oder waren es Freudentränen Gabis, die an diesem Tag vom Himmel fielen? Vor Freude, dass 77 Jahre später Menschen sich ihrer erinnern und mit dem Fahrrad die Strecke nachfahren? Ja, wir können sie nicht mehr zurückbringen. Aber Gabi kann uns helfen, dass so etwas nie wieder geschehen wird ………
Gabi war Halbjüdin, aber zu allererst war sie Mensch. Ein kleines Mädchen. Sehen wir einfach in jedem Mensch – egal welcher Hautfarbe, welchen Glaubens, welcher Nationalität- einfach die kleine Gabi. Dann dürfen auch keine Kinder mehr im Mittelmeer ertrinken oder auf einer langen Flucht sterben.




Wir dürfen es nicht zulassen, dass von Parteien, Gruppierungen oder Politikern menschenverachtend diskutiert und gehandelt wird.
Wir – die Tourenradler – erfahren mit unseren Rädern nicht nur fremde Länder, um schöne Landschaften zu erleben und nachher schöne Dias und Filme zeigen zu können. Es geht uns vor allem um die Menschen. Und nicht nur einmal haben wir in Ländern, die bei uns nur negativ dargestellt werden, tolle Erfahrungen in der Gastfreundschaft gemacht. Weil sie in uns nicht den Deutschen oder Franzosen sehen, sondern einen Menschen, der mehr oder weniger Hilfe braucht. Auch wenn uns oft etwas anderes eingeredet wird: Wir gehören alle zur gleichen Menschheitsfamilie.
Ich werde den Bericht über die Radtour als solche kurz halten. Denn im Mittelpunkt steht vor allem die Abreise mit den Zeremonien in Stiefenhofen, Memmingen, Fellheim, Ichenhausen und die Ankunft in Auschwitz.
Dazwischen liegen für Martin und mich zehn Tage, an denen unsere Gedanken sehr oft bei Gabi waren …….



In Linz verliert Martin seinen Geldbeutel. Er meldet den Verlust einer Polizeistreife, die gerade durch die Fußgängerzone fährt. Um halb zwölf nachts bekommt er einen Anruf von der Polizistin: Drei Junge Männer haben den Geldbeutel gefunden und ihn mit dem gesamten Inhalt auf einer Polizeistation am anderen Ende der Stadt abgegeben. Der Vorfall straft unsere negativen Gedanken Lügen, es gäbe keine ehrlichen Leute mehr ….








Kurz vor Wien treffen wir Walter Hauer und Elisabeth Mattes. Mit ihnen war ich letztes Jahr auf der Karpaten-Tour. Sie laden uns ein, auf ihrer Badehütte auf der Donauinsel nahe Korneuburg zu übernachten. Anderntags fährt Walter mit uns die gesamte Etappe bis zur slowakischen Grenze. Es ist „sein Revier“ und nachdem er sich sehr gut auskennt, sind wir schon um die Mittagszeit an der slowakischen Grenze in Andern.




















Wahrscheinlich wurde auch Gabi aus Stiefenhofen in einem solchen Waggon nach Birkenau transportiert. Zusammen mit 60-70 anderen Menschen. Ohne Tageslicht, wenig Sauerstoff, wenig oder gar kein Essen oder Trinken, ein Fäkalieneimer in der Mitte. Das kleine, unschuldige Mädchen muss sich mehr als einmal gefragt haben: War ich böse? „Warum machen das die Leute?“
Nein, sie war nicht böse. Sie hatte nicht einmal die falsche Religion, denn sie war katholisch getauft. Nur ihre Mutter war Jüdin. Und sie musste dafür, wie auch ihre Mutter, mit dem Tod bezahlen. Wir können ihren Tod nicht mehr ungeschehen machen. Aber ihr Tod, genauso wie der der restlichen 6 Millionen Menschen, die in Konzentrationslagern starben, hat wenigstens einen – wenn auch sehr kleinen Sinn, wenn die Menschen daraus etwas gelernt haben und so etwas nie wieder passiert. Allerdings sprechen die gegenwärtigen Entwicklungen nicht für eine hohe Lernkurve. Wenn z.B. jemand von einem Fliegenschiß der Geschichte spricht, hat er wirklich nichts begriffen.
Hier möchte ich gerne die Nachricht veröffentlichen, die Martins russischer Freund Ildus ihm in Anerkennung der Nie Wieder Tour zukommen ließ. (Von Google übersetzt)
Lieber Martin, herzlichen Glückwunsch zum Abschluss eines weiteren humanitären Radsportprojekts. Du hast allen Völkern nochmal gezeigt, dass wir Frieden und Freundschaft unter allen Völkern wollen. Unsere Erde hat alle Möglichkeiten, alle Menschen, die sie bewohnen, zu ernähren und ihnen ein würdiges Dasein zu geben. Dafür müssen einige Menschen andere nicht töten. Dies wird nur von kranken Maniacs oder einzelnen Kriminellen oder Politikern und Ideologen getan, die nach einer Rechtfertigung dafür suchen, dass einige Menschen andere töten dürfen. Es gibt keinen solchen Grund. Dies ist eine kranke Ideologie, und es darf nie wieder passieren. Deshalb dürfen wir es nicht vergessen. Ich freue mich sehr, dass wir Vertreter zweier zuvor kriegführender Nationen sind. Jetzt suchen wir nach verschiedenen Wegen, um sicherzustellen, dass es auf der Welt keine Kriege und keinen Völkermord mehr gibt.
Die Bilder dokumentieren den ganzen Wahnsinn, mit dem Millionen Menschen planmäßig ermordert wurden.
Unser Gewissen und auch unser Gesetz verbietet es, Menschen zu verletzen oder umzubringen. Wie konnte es geschehen, dass ein Staat Millionen tötete. Wer war „der Staat“ oder das „NS-Regime“? Wer es nicht direkt mitmachte, duldete es mindestens oder war gleichgültig. Das darf nie wieder passieren ……..

Weitere Informationen über die „Nie wieder“ Tour: