Macondo

14.2.2018  Vom Chicamocha-Canyon zum Rio Magdalena

Nestor hat uns genau an der richtigen Stelle abgeladen. Das Hotel sieht von außen super aus, innen ist es aber very, very Basic. Nachts ein einziges Brummen von den vorbeifahrenden Trucks. Dafür können wir morgens fast ohne eine Pedalumdrehung an die Abfahrt in den Chicamocha-Canyon gehen. Anfangs ist es noch ziemlich wolkenverhangen, doch die Sonne gewinnt mehr und mehr die Überhand. Dieser Canyon ist gigantisch. Selbst der Grand Canyon stellt sich nicht so wild dar wie diese Schlucht. Über 1700 hm geht es in die Tiefe. Wir halten an vielen Stellen immer wieder an, um die überwältigende Aussicht zu genießen. Hier sind wir mit unseren Rädern im Vorteil gegen die Trucks, die permanent auf der Bremse sind. Nach der Überquerung ganz unten über den Rio Chicamocha geht es wieder 700 hm bergauf. Die Steigung ist moderat, der verkehr lästig und gefährlich. Immer wieder müssen wir aufs Bankett, wenn uns ein Truck oder Bus den Weg abschneidet.  Es läuft trotzdem gut und nach 2 Stunden sind wir auf der anderen Seite oben. Jetzt geht es Richtung Bucamaranga, eine der größeren Städte mit 300 000 Einwohnern. Der Verkehr wird wieder dichter und wir sind für 15 km auf einer 4spurgien Schnellstraße. Wie eine Erlösung kommt es uns vor, als wir das Schild „Terminal de Transportes „ sehen.  Habe heute wieder mein „James“-Shirt an. Immer wieder fahren Motorräder bis auf meine Höhe und sagen „Vamos James“ oder fangen ein Gespräch an: Woher, wohin? Wir wissen es inzwischen schon: Nach dem „Alemana“ hellt sich ihr Gesicht auf.

Wir finden den Busterminal dann problemlos und können sofort die Räder in den Bus nach Barancabermejo verladen. Das war eine Punktlandung. Nach 126 km Busfahrt treffen wir noch vor Einbruch der Dunkelheit in der Stadt am Rio Magdalena ein. Sofort erkundigen wir uns nach der Abfahrt einer Chalupe auf dem Rio Magdalena nach El Banco. Wir müssen morgen früh um 5.30 Uhr an der Ablegestelle sein, um sicher einen Platz zu bekommen.

Es ist sogar abends noch  schwülheiß und wir sind froh, ein Hotel mit Klimaanlage gefunden zu haben.

 

Die Daten mit dem Fahrrad: 72 km, 1080 hm, 6:10 unterwegs, 36° Temp. Max.

Voraussichtlich in zwei Tagen werden wir in Mompox sein. Das ist das fiktive Dorf MACONDO, das Gabriel Marquez in seinem Buch „Hundert Jahre Einsamkeit“ beschreibt

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15.2.2018  Die Fahrt auf dem Rio Magdalena

Im Hotel bekamen wir schon um 5 Uhr Frühstück, da wir ja um 5.30 Uhr bei der Schiffsanlegestelle sein sollten. Waren wir auch. Leider umsonst. Wir bekamen erst um 8.45 Uhr einen Platz für und unsere Räder auf der Chalupe. Das ist ein ziemlich altertümliches Boot mit 15 Sitzplätzen und Stauraum auf dem Dach. Dort wurden unsere Räder und unser Gepäck festgezurrt. Vor der Abfahrt konnten wir uns nicht vorstellen, dass dieser Kahn 6 Stunden später im 270 km entfernten El Banco sein sollte. Aber als der „Capitano“ einen Kavalierstart hinlegte, waren wir äußerst beeindruckt. Schnell war er bei fast 70 km/h. Und so bretterte er stundenlang über den Rio Magdalena. Da das Boot keine Scheiben hatte, kühlte der Fahrtwind angenehm. Manchmal gab es auch eine lauwarme Dusche, wenn das Boot quer zu einer Welle fuhr. Mindestens 12 Stationen fuhr er an, dabei Leute aus- und einsteigen zu lassen.  Oft war es eine Slalomfahrt, Treibholz und Sandbänken ausweichend. Kurz hinter Barrancabermejo führte eine ganz neue Brücke über den Magdalena-Fluss. Das war aber die einzige Brücke für die nächsten 260 km. Wir sahen keine mehr. Offenbar gibt es nur die Möglichkeit, mit Booten oder kleinen Fähren über den Rio zu kommen.

Die Stimmung auf dem Boot war prima. Auch hier nur freundliche Leute. Mehrere Selfies mussten zur Erinnerung an die „Alemanes“ herhalten.

Nach tatsächlich knapp über 6 Stunden Fahrt legten wir in El Banco, der Endstation, an. In 50 m Entfernung war dann auch schon ein passenden Hotel mit Klimaanlage gefunden. Auf dem Thermometer waren 42° abzulesen.

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16.2.2018 Die Fahrt neben dem Rio Magdalena

Früh wollten wir heute wegfahren wegen der drohenden Hitze. So stand ich kurz nach 6 Uhr schon auf der Dachterrasse des Hotels, um den Sonnenaufgang über dem Rio Magdalena zu fotografieren. Und tatsächlich saßen wir um 8 Uhr nacheinem kurzen Frühstück am Wegesrand auf unseren Rädern. Es war im ersten Teil ein reines Genussradeln – tolle Straße und kaum Verkehr. Und die Sonne stand auch noch nicht sehr hoch. Nach ca. 35 km kam wie angekündigt der Offroad-Abschnitt, diesmal gepaart mit tiefem Sand. Gut für meine breiten Reifen. Nach einer kurzen Pause am Wegesrand ging es flott weiter. Die Straße blieb für die nächsten 15 km schlaglöcherig. Allmählich brannte die Sonne im Genick. Die Temperaturanzeige stieg auf 48°. Ziemlich froh nahmen wir das Schild „Santa Cruz de Mompos“ zur Kenntnis. Ziemlich schnell hatten wir auch das empfohlene Hotel „La Casona“ gefunden und noch schneller waren wir im erfrischenden Swimmingpool des schönen Hotels.
Da am 21.2. der Rückflug für Michael und Herbert gebucht ist, werden wir jetzt eine Busverbindung Richtung Cartagena finden müssen. Wir sind noch ca. 300 km von unserem Ziel entfernt.

17.2.2018 Eine lange Busfahrt nach Cartagena

Am Vorabend noch konnten wir in Erfahrung bringen, dass es heute nur die eine Möglichkeit um 6 Uhr gibt um mit dem Bus nach Cartagena zu kommen. Und so war schon um 5 Uhr ein kleines Frühstück angesagt. Die Räderverladung in den Bauch des Busses klappte gut und pünktlich um 6 Uhr dann der Start Richtung Cartagena. 7 Stunden sollte die Busfahrt gehen. Wir waren gezwungen, schon in Mompox einzusteigen, da es später keine Zustiegsmöglichkeit  mehr gegeben hätte. So wird unser Aufenthalt in Cartagena eben einen Tag länger sein. Aber besser zu früh dort als zu spät.

Die Busfahrt war ziemlich entspannt bis ca. 130 km vor Cartagena. Dann stotterte der Bus und stand. Damit fiel auch die Klimaanlage aus und alle fingen mächtig an zu schwitzen. Der Busfahrer und sein Copilot am meisten. Nach ca. 20 Minuten in der Hitze stand aber schon ein Ersatzbus bereit und alle stiegen um – außer uns. Dieser Bus war wesentlich kleiner und konnte unsere Räder nicht transportieren. Während wir uns überlegten, mit dem Rad weiter zu fahren, kam die kolumbianische Ausführung des ADAC mit einem Abschleppkran. Der Pannenhelfer schaffte es aber innerhalb einer Viertelstunde, den Bus wieder flott zu bekommen. Es konnte also weitergehen. Für weitere 40 km. Dann stand der Bus wieder. Der Fahrer und sein Beifahrer bekamen  ihn wieder flott. Die Fahrt konnte weiter gehen. Das Spiel wiederholte sich noch zweimal, bevor wir dann tatsächlich kurz vor 15 Uhr in Cartagena eintrafen. Der Busfahrer und sein junger Kollege hatten einen super Job gemacht. Sie waren verschwitzt und verdreckt, aber glücklich, es doch noch geschafft zu haben. Insgesamt 9 Stunden Fahrt lagen hinter uns.

Vor uns standen noch 16 km mit dem Rad durch die Millionenstadt Cartagena an. Die ersten 4 km in dichtem Verkehr auf einer dreispurigen Straße hieß es Slalom fahren um einigermaßen vorwärts zu kommen. Unser „Asphaltcowboy“ Michael  machte es uns vor, wie es geht. Der Adrenalinspiegel stieg nochmals an, wenn wir mit unseren Satteltaschen uns gerade so durch die Autos quetschen konnten. Dann endlich waren wir auf einer weniger befahrenen Straße und kurz darauf bekamen wir die ersten Gischtspritzer der Karibik zu spüren, als die Wellen gegen das Ufer schlugen.

Vor der Reise hatte ich das Motto ausgegeben: Lieber mit dem Fahrrad an die Karibik als mit dem Daimler zu Arbeit. Michael und Herbert konnten es jetzt bestätigen.  Bald darauf hatten wir auch das Hotel gefunden, in dem wir bis zur Heim- bzw. Weiterreise bleiben werden.

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2 Kommentare zu „Macondo

  1. Hammerhart – bei 70 kmh auf diesem „sehr sehr sicheren“ Boot – Gratulation zu eurem „Gottvertrauen“
    LG Lisa und HP

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